Eine allgemeingültige internationale Definition gibt es für Starkregenereignisse nicht, da die charakteristischen Niederschlagsmengen sehr von lokalen Bedingungen abhängen. In der gemeinsamen Untersuchung des Climate Service Centers und des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. wird im Rahmen der Studie „Starkregenrisiko 2050“ (CSC und GDV, 2012) ausführlich „das Problem einer nicht einheitlichen Definition des Begriffs Starkregen“ thematisiert. Die Autoren stellen fest, dass sowohl in internationalem Gebrauch, wie auch im deutschsprachigen Raum zurzeit verschiedene Definitionen in Gebrauch sind.
Abhängig von der Aufgabenstellung und dem Einsatzzweck werden unterschiedliche Kriterien zur Klassifikation verwendet. So wird der Begriff Starkregen bei meteorologischen Fragenstellungen nach der Regenintensität definiert, während bei der Dimensionierung von Kanälen und Dämmen häufig die Wiederkehrraten verwendet werden.
Hier werden unterschiedliche Definitionsmöglichkeiten abgebildet:
Definition Starkregen über Intensität, statistisch und über die Wiederkehrrate, nach CSC und GDV (2012).
Definition über Regenintensität bzw. Niederschlagsmenge
In der Meteorologie und in wasserwirtschaftlichen Fragestellungen wird Niederschlag durch die Niederschlagsmenge pro Zeit und Fläche bzw. die Regenintensität beschrieben. Meistens wird für den Zeitbezug eine Stunde gesetzt. Die Dynamik eines Starkregenereignisses kann dadurch nicht vollständig abgebildet werden. Zum Beispiel wird dadurch nicht deutlich, ob die Niederschlagsmenge gleichmäßig über die Stunde verteilt fällt oder ob der Niederschlag deutliche Spitzen aufweist. Goderbauer-Marchne und Sontheimer (2015) merken an, dass solche Niederschlagsspitzen maßgebend die Schadenscharakteristik im städtischen Bereich beeinflussen. Um den zeitlichen Verlauf zu beschrieben, werden kleinere Zeitintervalle wie 5, 10, 20 und 30 Minuten betrachtet. Für diese Intervalle werden die Mengen festgelegt, deren Überschreitung einen Starkniederschlag auszeichnet. Aber auch dabei stellen das Climate Service Center des Helmholz-Zentrums (CSC) und der Gesamtverband der Deut-schen Versicherungswirtschaft (GDV) (CSC und GDV, 2012) verschiedene Angaben und Kriterien fest. So wird für die Niederschlagsdauer unter 30 Minuten oft die Wussow-Formel (a.k.a Starkregen Formel) präferiert und für Regenereignissen über 30 Minuten die Starkregenkriterien nach Schimpf (vgl. Tabelle unten). Außerdem sind fragespezifische Ansätze vertreten, wie die Auswertung der 5-Monats-Perioden (CSC und GDV, 2012).
Hier ist eine praktische Übersicht von Starkregen-Schwellenwerten für Deutschland (1 mm = 1 (l/m²)) (Majewski und Baldauf, 2005):
Zeitintervall
Kriterium nach Wussow
Kriterium nach Schimpf
Starkregen nach DWD
Heftiger Starkregen nach DWD
5 min
5,0 mm
7,5 mm
5 mm
-
10 min
7,1 mm
9,1 mm
7,1 mm
-
20 min
10 mm
10,9 mm
10 mm
-
30 min
12,2 mm
12,2 mm
-
-
1 h
17,1 mm
14,7 mm
17,1
25 mm
2 h
24,0 mm
17,8 mm
-
-
6 h
42,4 mm
24,0 mm
-
35 mm
1 d
84,9 mm
35,0 mm
-
-
Der DWD definiert für die Warnmeldungen zwei Schwellenwerte für Starkregen:
die Warnung für markantes Wetter (Regenmengen ≥ 10 mm pro 1 Std. oder ≥ 20 mm in 6 Std.) und
die Unwetterwarnung (Regenmengen ≥ 25 mm / 1 Std. oder ≥ 35 mm / 6 Std).
Gleichzeitig wird im DWD Lexikon der Begriff „starker
Regen“ definiert, welcher einem Regen mit 10 mm in 60 Minuten oder 1,7 mm in 10
Minuten entspricht (vgl. 7,1 mm bei DWD Starkregen) (Deutscher Wetterdienst, 2017a).
Solche festen Schwellenwerte geben einen schnellen Überblick
und erlauben eine einfache Klassifikation und Auswertung der Ereignisse. Auf
der anderen Seite haben diese den Nachteil, dass zwangsläufig die
Niederschlagsmengen in verschiedenen Regionen, Klimazonen und Höhenlagen
verglichen werden, was nicht immer zu sinnvollen Bewertungen führt (CSC und GDV, 2012).
Stakregen Definition über statistische Verfahren
Statistische Verfahren erlauben eine lokale Betrachtung, indem aus der statistischen Verteilung der Niederschlagsmengen das Perzentil (Hundertstelwert) abgeleitet wird. Dieser statistische Wert beschreibt den letzten Wert einer sortierten Verteilung, der den entsprechenden Anteil aller Messungen übersteigt. Die Regenmenge, die dem 95. Perzentil entspricht, ist kleiner oder gleich 95 % aller gemessenen Werte. Der Median kann somit auch als das fünfzigste Perzentil betrachten werden.
Da bei einem statistischen Ansatz oft starke regionale
Unterschiede auftreten, müssen Ergebnisse immer gebietsbezogen betrachtet
werden und liefern nur bedingt einen guten Vergleich zwischen verschiedenen
Gebieten.
Allerdings können auch hierbei die Ergebnisse durch den
gewählten Ansatz stark abweichen, da die verwendeten Zeitreihen für die
Perzentile keine einheitliche (Mindest)-Länge der Aufzeichnung vorweisen müssen
und sie unterscheiden sich dabei von Autor zu Autor (CSC und GDV, 2012). Ebenfalls ist nicht
definiert, welches Perzentil tatsächlich einem extremen Starkregenereignis
entspricht. Dabei werden die Niederschläge über dem 90. bis 99. Perzentil als
Starkniederschläge klassifiziert (CSC und GDV, 2012).
Starkregen Definition über die Wiederkehrrate
Die Wiederkehrraten stellen eine weitere Möglichkeit der Niederschlagsklassifizierung dar, die vor allem in den Bemessungsaufgaben und politischen Entscheidungen häufig verwendet wird. Die Wiederkehrraten basieren ebenfalls auf historischen Aufzeichnungen, sie beziehen sich im Gegensatz zum Perzentil nicht auf die Überschreitung, sondern auf das statistische Wiederkehrintervall, das aus den bisherigen Messungen hervorgeht. Um flächendeckende Bewertungen zu erhalten, wertet der DWD die historischen Ereignisse aus und stellt sie in abgeleiteten Produkten wie dem KOSTRA-Atlas (Malitz und Ertel, 2010) zur Verfügung. Die Auswertung enthält die Starkniederschlagshöhen in Abhängigkeit von der Dauerstufe und Wiederkehrzeit.
Aber auch innerhalb der Klassifikationen gibt
es Abweichungen in der Ausführung der Verfahren, was dazu führt, dass die
Ergebnisse zum Teil nicht vergleichbar sind. Die Unterschiede können daran
liegen, dass die Autoren sich für eine Unterscheidung zwischen den Sommer- und
Wintermonaten entscheiden, die Datensätze unterschiedliche Beobachtungszeiträume
haben oder der Flächenbezug bei der Betrachtung von dem Standort einzelner
Stationen, einem Stadtgebiet oder einem Einzugsgebiet variiert. Einen
erheblichen Einfluss auf die Ergebnisse der Bewertung hat dabei auch, ob das
Niederschlagsereignis als Blockregen, oder differenzierter in seinem zeitlichen
Verlauf betrachtet wird (Volker, 2017).
Im Rahmen der Studie werten CSC und GDV (2012)
systematisch die wichtigen Untersuchungen der letzten Jahre aus, die Trends im
Bereich Starkregen untersucht haben, und stellen dabei fest, dass die Grundlage
der Abgrenzung für die Starkniederschläge in diesen Studien auf verschiedenen Ansätzen
basiert (vgl. Error! Reference source not found.).
Die Autoren der Studie merken an, dass solche Unstimmigkeiten in der Methodik, Definitionen und den zugrunde gelegten Schwellenwerten die Vergleichbarkeit der Ergebnisse, die Trendbildung und die Anpassungsmaßnahmen erschweren. Neben diesen Nachteilen führen diese Unstimmigkeiten zu einzelnen Missverständnissen zwischen Behörden und administrativen Verantwortlichen sowie zu Schwierigkeiten in der Interpretation der Warnungen (CSC und GDV, 2012).
Hier ist ein Überblick über die Studien mit Trendanalysen seit 2001 und Definition, die von den Autoren verwendet wurde (CSC und GDV, 2012):
Wiederkehrperioden
10/30/100/365 Tage
(‚moderat’, ‚intensiv’, ‚stark’, ‚extrem’)
Rheinbecken, Hundecha & Bardossy / 2005
61
Stationen
1958 - 2001
Starkregen:
90 % - Quantil
Potsdam Kürbis et al. / 2009
Tageswerte
der Station Potsdam
1893 - 2005
Gekoppelter
Index Intensität und Häufigkeit
Mittel- u. Ostdeutschland, Lupikasza et el. / 2011
18
Stationen
1951 - 2008
8
Indizes für Intensität u. Häufigkeit, basierend
auf 90 % u. 95 % - Perzentil
Die Autoren der Studie fordern schärfere Abgrenzungen in den Definitionen und eine explizite Erwähnung der verwendeten Methoden bei der Erfassung der Verarbeitung der Messdaten und der Bildung von Prognosen (CSC und GDV, 2012).
Ich hoffe, ich konnte etwas helfen! Nicht nach jedem Starkregen muss eine Starkregenüberflutung erfolgen. Im nächsten Artikel möchte ich erzählen, wie aus dem Regen die Abflüsse entstehen, und wie das modelliert werden kann!
Verwendete Quellen:
Majewski, Detlev und Michael Baldauf (2005): Und nun das Wetter: Das lokale Wettermodell des Deutschen Wetterdienstes. In: Physik in unserer Zeit. Band 36, 3. Ausgabe. DOI:10.1002/piuz.200501064, S. 116–123.
Kreienkamp, Frank, Thomas Deutschländer, Gabriele Malitz, Monika Rauthe, Andreas Becker, Barbara Früh und Paul Becker (2016) Starkniederschläge in Deutschland. Offenbach am Main, DWD (Hrsg.). Abrufbar unter: Link
Schlenkhoff, Andreas und Mario Oertel (2009): Über Starkregen und Sturzfluten / On heavy rainfall and flash flooding. In: Forschungsmagazin Research bulletin, Band 2. Bergischen Universität Wuppertal, 2009. S. 6-11.
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Um zu wissen, ab welcher Niederschlagsmenge ein Bachlauf ausufert, müssen aus den Niederschlagswerten die Abflussmengen abgeleitet werden. Gleiche Niederschlagsmengen können dabei eine erheblich unterschiedliche Abflusscharakteristik zur Folge haben (Schlenkhoff und Oertel, 2009). Der Prozess, bei dem aus Niederschlag der Abfluss entsteht, wird als Abflussbildung bezeichnet. Die Abflussbildung setzt sich aus verschiedenen hydrologischen Prozessen zusammen, die Weiterlesen